So können nur Juristen denken …

In den §§ 677-687 BGB ist die sogenannte Geschäftsführung ohne Auftrag geregelt. Der Gesetzgeber hatte dabei unter anderem folgende Konstellation im Blick:

Nehmen Sie an, sie sind im Urlaub (eine schöne Vorstellung bei dem aktuellen Wetter, oder?). Niemand ist zu Hause, als plötzlich ein Brand ausbricht. Zum Glück haben sie einen mutigen und unerschrockenen Nachbarn, der sofort zur Tat schreitet, mit einem Feuerlöscher bewaffnet ihr Haus stürmt und den Brand löscht. Nach ihrer Urlaubsrückkehr unterhalten sie sich mit Ihrem Nachbarn, der gerne seinen Feuerlöscher ersetzt hätte.

Diesen werden sie nach § 683 BGB ersetzen müssen. Dieser regelt:

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen.

§ 683 BGB

Diese etwas sperrig klingende Vorschrift (alle Vorschriften der §§ 677-687 BGB sind auf die eine oder andere Art und Weise sperrig) meint mit dem Geschäftsführer ihren Nachbarn und mit dem Geschäftsherrn sie. Unter Geschäft darf man sich dabei nicht das Ladengeschäft vorstellen. Der Gesetzgeber von 1900 hatte damit eher das „Geschäfte besorgen“ im Kopf. Ihr Nachbar (Geschäftsführer) führte für sie (Geschäftsherr) ein Geschäft: das Feuerlöschen. Da dies auch Ihrem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprach, kann der Geschäftsführer nun also Ersatz seiner Aufwendungen verlangen.

Aufgrund dieser Vorschriften und der Begriffsweite der Tatbestandsmerkmale werden aber auch abwegigere Sachverhalte diskutiert:

Autofahrer A fährt auf einer Landstraße mit der zulässigen Geschwindigkeit. Ihm entgegen kommt der Autofahrer B, der gerade von Autofahrer C überholt wird. Autofahrer A muss in den Straßengraben ausweichen, um eine Kollision mit Autofahrer C zu vermeiden. Dabei wird sein Fahrzeug beschädigt. Unabhängig davon, dass er nach § 7 StVG einen Anspruch gegen Autofahrer C auf Ersatz seines Schadens hat, könnte man auch darüber nachdenken, ob er einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen nach § 683 BGB hat (zum Problem, dass unter „Aufwendungen“ auch bestimmte Arten von Schäden erfasst sind: BeckOK BGB/Gehrlein, 52. Ed. 1.11.2019, BGB § 683 Rn. 4). Immerhin hat er ein Geschäft des C – das Vermeiden eines Zusammenstoßes beim Überholen mit dem Gegenverkehr – geführt.

Nun gesellt sich zu meinem Fundus abwegigere Fälle der Geschäftsführung ohne Auftrag ein weiterer. Ein Nutzer in einem juristischen Forum stellte sich folgende Frage:

A ist schwanger von B. Nachdem A diese Erkenntnis erhält entschließt sie sich die Schwangerschaft abzubrechen. In ihre Überlegungen fließt auch ein, dass B, wie sie weiß, keine Kinder haben möchte und -was zutrifft- einem Schwangerschaftsabbruch auch zustimmen würde.

Nehmen wir nun an, dieser Eingriff würde 500€ kosten. Ist es für A möglich die Kosten/Aufwendungen bzw. einen Teil der Kosten im Rahmen der GoA als auch fremdes Geschäft ersetzt zu verlangen?

Prinzipiell hat sie den B ja vor einer Unterhaltspflicht bewahrt, die dieser nicht eingehen wollte und ein Fremdgeschäftsführungswille wird […] widerleglich vermutet. …

Weitere (merkwürdige) Kandidaten für Ansprüche aus GoA außerhalb der Standardfälle werden gerne entgegengenommen.

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