Die Organe der Bundesrepublik und der Länder sind gemäß ihrer im Grundgesetz festgelegten Zuständigkeit befugt, von den Besatzungsbehörden erlassene Rechtsvorschriften aufzuheben oder zu ändern, sofern im Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten oder in den in dessen Artikel 8 aufgeführten Zusatzverträgen nichts anderes bestimmt ist.
Artikel 1 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland, den Vereinigten Staaten von Amerika, dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland und der Französische Republik zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen
Ein ehemaliger Rechtsanwalt wollte zunächst vor dem Sozialgericht Berlin und dann nach Verweisung an den Anwaltsgerichtshof (AGH) in Hamm den Widerruf seiner Rechtsanwaltszulassung aufheben lassen (also seine Zulassung zurückbekommen). Die für den Mann zuständige Rechtsanwaltskammer hatte die Zulassung aus gesundheitlichen Gründen widerrufen. Nachdem der AGH seine Klage abgewiesen hatte, wehrte er sich in der Berufung mit typischen Reichsbürgerargumenten. So seien die Gerichte und die Rechtsanwaltskammer gar nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen.
Dem erteilte der Anwaltssenat beim Bundesgerichtshof nun eine Absage und bezog sich relativ knapp auf die vom Berufungskläger selbst benannten Vorschriften. Die maßgebliche Bestimmung habe ich oben zitiert. Zusammengefasst räumen die Drei Mächte der Bundesrepublik die Befugnis ein, Besatzungsrecht aufzuheben. Es dürfte sich bei dem Vertrag zumindest nach dem Verständnis der Reichsbürger wohl auch um „Besatzungsrecht“ handeln. Das in Artikel 1 genannte Grundgesetz, zumindest mit seinen Gesetzgebungsregelungen (im Wesentlichen Art 70 – 79 GG), ist damit auch „besatzungsrechtlich“ legitimiert.
Die nur sieben Seiten lange Entscheidung des Bundesgerichtshofes kann man hier abrufen.
Die Metapher hinkt: der Gegner ist die Zulassungsstelle. BGH ist nicht Gegner, sondern Schiedsrichter. Also korrekterweise: 1:0 für Zulassungsstelle.
Mir ging es um den „Begründungskampf“. Der Bundesgerichtshof hat sich ja argumentativ auf die Reichsbürgerschiene eingelassen und (m.E.) den Kampf gewonnen. Der prozessuale Gegner ist die Kammer, das stimmt. Die hat (auch) gewonnen.