Zur merkwürdigsten Urteilskonstellation kommt es m.E. bei einer Klagerücknahme nach dem ein Teilversäumnisurteil ergangen ist.
Folgender (Standard-)Fall:
In der Hauptsache begehrt der Kläger Zahlung von 6.000 € und zusätzlich nicht anrechenbare vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 500 €. Das Gericht ordnet das schriftliche Vorverfahren an und es erfolgt keine Verteidigungsanzeige des Beklagten. Der Antrag ist nur hinsichtlich der Hauptsache, also den 6.000 € schlüssig. Die Rechtsanwaltskosten sind (mal wieder möchte man fast sagen 😉 )unschlüssig, weil Verzug erst zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, als die Gebühren schon angefallen waren. Grundsätzlich sind Rechtsanwaltskosten als Schadensersatz aus Verzug nämlich nur unter den Voraussetzungen des § 286 BGB erstattungsfähig. Wenn der Rechtsanwalt aber selbst erst den Verzug des Gegners herbeiführt, sind seine Gebühren schon angefallen und beruhen damit nicht auf dem Verzug.
Das Gericht erlässt dann ein Teilversäumnisurteil und weist den Kläger darauf hin, dass diese Position unschlüssig ist, mit der drohenden Folge des § 331 Abs. 3 S. 3 ZPO. Nimmt der Kläger jetzt seine Klage zurück, stellt sich die Frage, wie die Endentscheidung aussehen muss. Ich meine einmal gelesen zu haben, dass in einem solchen Falle nur ein Kostenbeschluss ergeht, finde aber die Stelle nicht mehr. BeckOK ZPO/Elzer ZPO § 308 Rn. 38 sieht jedoch auch in diesem Fall eine Entscheidung durch Schlussurteil vor. Das habe ich jetzt einmal gemacht. M.E. sollte das hier ausreichend sein, ich lasse mich aber gerne belehren (alle Daten geändert):
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Im Namen des Volkes!
Schlussurteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn X
– Kläger –
Prozessbevollmächtigte RA Y
gegen
Herrn Z
– Beklagter –
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Halle im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 3 ZPO am 01.03.2019 durch den Richter Häntschel als Einzelrichter
für R e c h t erkannt:
- Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits
- Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
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Tatbestand
Das Gericht hat in der Hauptsache mit Teilversäumnisurteil vom 02.01.2019 entschieden.
Der Kläger hat den Antrag zu 2 aus der Klageschrift vom 01.12.2018 mit Schriftsatz vom 01.02.2019 zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
Nach der wirksamen Klagerücknahme, § 269 Abs. 1 ZPO, war nur noch über die Kosten des Rechtsstreits, ohne mündliche Verhandlung, § 128 Abs. 3 ZPO, zu entscheiden, die dem Beklagten aufzuerlegen waren, weil er in der Hauptsache durch Teilversäumnisurteil vom 02.01.2019 unterlag, § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. …
Häntschel
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Ja, es ist ein Schlussurteil das mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden kann. Hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit gehe ich jetzt von § 709 ZPO aus, weil der Wortlaut des § 708 Nr. 2 ZPO nicht erfüllt ist. Gleichwohl erscheint mir das nicht unproblematisch. Denn irgendwie steckt man ja in der Versäumnisurteilssituation. Gäbe es § 308 Abs. 2 ZPO nicht und würde man den Beklagten zu den Prozesskosten auf Antrag des Klägers verurteilen, würde man ja auch hinsichtlich der Kosten nach § 331 Abs. 3 S. 1 ZPO entscheiden und dann das Urteil nach § 708 Nr. 2 ZPO für vorläufig vollstreckbar erklären.
Solche Urteile fühlen sich einfach verrückt an.
Schlussurteil überzeugt mich. Im VU durfte es ja keine Kostengrundentscheidung geben (Einheit der Kostenentscheidung), die musste noch für den ganzen Rechtsstreit erfolgen und das halt im Wege des Urteils.
Bezüglich der Möglichkeit der sofortigen Beschwerde bin ich mir aber unschlüssig. Zumindest MüKo-ZPO/Schulz, § 99 Rn. 8 entnehme ich, dass das Schlussurteil, selbst wenn es sich im Kostenausspruch erschöpft, keine (anfechtbare) reine Kostenentscheidung darstellt und man insofern auf das Rechtsmittel gegen das Teilurteil verwiesen wird.
Vertue ich mich?
Die Variante mit dem Kostenbeschluss scheint mir dann zuzutreffen, wenn das erlassene Versäumnisurteil, ob beabsichtigt oder nicht, die Kostenentscheidung nicht dem Schlussurteil vorbehalten hat, sondern bereits selbst eine eigene Kostenentscheidung enthielt.