Da fliehen zwei oder drei Jugendliche zu Fuß vor der Polizei, die ihnen hinterherlief und „Halt, stehenbleiben, Polizei“ gerufen haben soll. Da die Jugendlichen, aus Angst gerade gegen die Corona-Verordnung zu verstoßen, nicht anhielten, will die Bußgeldstelle gestützt auf § 36 Abs. 5 S. 4 StVO i.V.m. Nr. 129 der Anlage zur BKatV ein Bußgeld i.H.v. 70 € verhängen. Unabhängig von der Frage, ob das geht (wohl nicht, wobei hier noch die Besonderheit besteht, dass die Polizei nicht zu Verkehrszwecken die Jugendlichen anhalten wollte; was aus Sicht der Betroffenen aber i.d.R. nicht erkennbar ist), bin ich auf folgende Kommentierung gestoßen.
Zeichen und Weisungen von Polizeibeamtinnen sind seit der StVO-Neufassung von 2013 straßenverkehrsrechtlich ohne jede Rechtswirkung. Denn die gesamte StVO wurde mit dieser Novelle mit großem Aufwand (und vielfach bis an die Grenze zur sprachlichen Unverständlichkeit) geschlechtsneutral umformuliert. Das ist vom Gesetzgeber auch so gewollt gewesen. In § 36 heißt es seither jedoch ausdrücklich, den Zeichen und Weisungen von „Polizeibeamten“ sei zu folgen. Nach Wortlaut, Systematik und historischer Auslegung sind damit Polizistinnen nicht gemeint.
MüKoStVR/Kettler, 1. Aufl. 2016, StVO § 36 Rn. 2
Zum Glück stellt sich das Problem in meinem Fall nicht nicht, da die vermeintlichen Weisungen von Polizeibeamten und nicht von Polizeibeamtinnen ergingen.
Als weißer (alter) Mann kann ich mit „Genderei“ leben – auch wenn sie mir in vielen Bereichen komisch vorkommt. Z.b. „klassische“ Literatur ist für mich damit schwerlich vorstellbar.
Was für abstruser Unfug dabei rauskommen kann, scheint mir der Kommentar zu bestätigen – die Auslegung ist jedoch unstrittig nachvollziehbar.
PS: die Nutzung des generischen Femininums (Linus Neumann u.a. im Podcast „Logbuch Netzpolitik“) fand ich im ersten Augenblick gewöhnungsbedürftig, aber mittlerweile horche ich auf wenn er das Maskulinum benutzt.